Ukraine: Wege
Der Europäische Weitwanderweg E8 ist in der Ukraine noch nicht existent. Es gibt zwar Bestrebungen von deutschen und österreichischen Wanderorganisationen für eine Karpatenroute, die aber nicht recht vorankommen wollen. Da ich nicht bis zum Sanktnimmerleinstag warten wollte (ich bin ja nicht mehr der Jüngste), habe ich mich daran gemacht, auf einer selbst erstellten Route den E8 in der Ukraine (und später auch in Rumänien) fortzusetzen.
Pathfinder
Ich habe einige Routen von Wanderungen ausgegraben, die der Reiseveranstalter Lustwandeln einmal (unvorsichtigerweise?) ins Netz gestellt hat, sie miteinander verbunden und einen Anfang vom geschlossenen polnischen Grenzübergang Beskidenpass und ein Ende zum offenen rumänischen Grenzübergang in Solotvina beziehungsweise Sighetu Marmatiei ausgearbeitet.
Die gewählte Route verläuft auf dem Hauptkamm der Waldkarpaten von Nordwesten nach Südosten und führt durch mehrere Nationalparks in dem Gebiet: Uzhansky, Sinevir und das Biosphärenreservat rund um den Hoverla. Im Sommer 2016 habe ich mich auf den Weg gemacht und bin dem selbstgesteckten Weg etwa zur Hälfte, bis nach Sinevir gefolgt. Dabei habe ich festgestellt, dass der Weg im großen und ganzen nicht nur wanderbar ist, sondern große Teile auch bestens markiert und teilweise sogar den aus der Slowakei, Tschechien und Polen bekannten Wegweisern (auch) in lateinischer Schrift ausgestattet war (was kein Wunder war, wurde sie doch von einem tschechischen Wanderverein aufgestellt).
Es gibt einen durchgehend markierten Transkarpatenweg von Welykyj Bereshni bis auf den Hoverla. Natürlich hätte ich auch den gesamten Transkarpatenweg als meinen persönlichen E8 auserwählen können, allerdings verläuft er von Lubnya bis Volovets für eine Woche nahezu vollständig "in der Wildnis", ohne dass ein Dorf mit einem Lebensmittelgeschäft berührt würde.
Deshalb habe ich mich entschlossen, den Transkarpatenweg von Lubnya (beziehungsweise von Stavne Bahnhof) aus zunächst in der "falschen" Richtung Welykyj Bereshni zu wandern und nach zwei Tagen den Transkarpatenweg zu verlassen, um auf anderen, aber meist wohlmarkierten Wegen einige Berge/Gebirge zu überschreiten. Zwischendurch konnte ich aber immer wieder in Hotels und Dörfern Station machen. Erst vor Volovets bin ich wieder auf die Route des Transkarpatenwegs gekommen.
Ich habe mich im Wesentlichen an diese markierten Wege gehalten, die in etwa der von mir zuvor ausgearbeiteten Route entsprachen. Lediglich die Etappe zum Sinevir-Bergsee und die nachfolgend geplanten, die östlich vom See weiterführen, habe ich aufgegeben, weil die dort vorhandenen markierten Wege nach Nordosten in Richtung Ivano-Frankivsk und nicht zu den angepeilten Dörfern im Mokranka-Tal (die beiden Mokras und Ust-Chorna) führen. Dennoch fand ich den zweitägigen Aufstieg zum Sinevir-See so schön, dass ich ihn als „Ausflug“ von Mischhirnja oder vom Kamjanka-Hotel beschreibe.
Der eingezeichnete GPS-Track ist vom Beskidenpass/von Stavne bis zum Sinevir-Pass beziehungsweise zum See überprüft, garantiert und genau. Der zukünfige Weg (Sommer 2017) vom Sinevirky Notch bis auf den Hoverla ist der Weg rot/weiß markiert.
Der rot markierte Transkarpatenweg führt hinter dem Hoverla bis zum Berg Stig, über den die rumänische Grenze verläuft. Mit der Grenzlinie verläuft der Transkarpatenweg bis in den Ort Dilove an der Theiß.
Der E8 sollte allerdings schon vorher ins Tal mit dem Ziel Rachiv absteigen. Dies kann auf einer Vielzahl von markierten Wegen geschehen, die im Laufe des Transkarpatenwegs zu Tal führen. Ich habe einen unmarkierten Weg direkt vom Sattel hinter dem Hoverla gewählt, es gibt aber noch zwei Möglichkeiten, die am gleichen Tag zu bewältigen sind. Diese drei Wege führen am Rande des Bergdorfs Hoverla am Zusammenfluss des Hoverla-Bachs mit der Weißen Theiß zueinander, in Luhy (Bus).
Einen Wandertag mehr erfordert jeder der drei Wege, die auf die Überschreitung des Pip Ivan folgen (auch diese Wege führen zur Bushaltestelle nach Luhy), und nochmals einen bis zwei Tage muss man für den kompletten Abstieg über den Transkarpatenweg rechnen, der an der Überlandstraße in Dilove endet.
Auf allen Wegen lassen sich ausgedehnte Straßenpassagen, die man am besten mit dem Bus absolvieren sollte, nicht vermeiden. Ich habe von Rachiv eine Route durch die niedrigen Hügel bis zum Grenzübergang in Solotvino ausgekundschaftet, bin den Weg allerdings noch nicht gewandert.
Schwierigkeiten
Die ukrainischen Waldkarpaten erinnern an die Überschreitung der Niederen Tatra in der Slowakei. Es geht aus einem Talort meist sehr steil aufwärts durch den Wald, bis in einer Höhe von 900 m bis 1000 m die Waldgrenze erreicht wird. Dort findet man langstreckte, mit Blaubeergebüsch bedeckte Höhenzüge (Polonina = Einöde) vor, auf denen sich der Weg (oft ein rauer Fahrweg) im ständigen Auf und Ab immer auf der höchsten Linie bewegt. Es gibt ein knappes Dutzend dieser großen, offenen Poloninas in den ukrainischen Karpaten, von denen sechs überschritten werden. Im Nordwesten sind die Gipfel dieser Berge um die 1200 m hoch, nach Südosten hin werden sie immer höher und kumulieren im über 2061 m hohen Hoverla, dem höchsten Gipfel der Ukraine. Am Ende eines solchen Höhenzugs geht es ebenso steil hinab wie beim Aufstieg.
Die Überschreitungen nehmen oft mehrere Tage in Anspruch, so dass Zelt und „Campingausrüstung“ Pflicht sind, da es keine Berghütten gibt. Dabei solle man bedenken, dass man auf Wind und Wetter ausgesetzten Höhen übernachten muss, was angesichts der nicht unbeträchtlichen Höhe (und des oft schlechten Wetters) einige Ansprüche an die Qualität der Ausrüstung stellt.
Die Überschreitungen, wie ich sie geplant und auch durchgeführt habe, beginnen und enden in der Regel in einer Ortschaft, in der sich auch ein Hotel befindet, so dass man zumindest alle paar Tage in den Genuss einer heißen Dusche und eines „richtigen“ Betts kommen kann.
Die POI-Datei, die ich zusammengestellt habe, enthält als Wegmarken neben den Hotels auch die Positionen vieler Quellen, die meist vorhandenen Lebensmittelgeschäften und Bars (was oft das gleiche ist) in den kleinen Dörfern.
Kartenmaterial
Topografische und Wanderkarten auf Papier für die gesamten ukrainischen Karpaten sind in der Buchhandlung in der Altstadt von Uzhgorod erhältlich, die sich an der Kreuzung der Dovzhenka- mit der Voloshina-Straße befindet.
Für das GPS-Gerät ist in den letzten ein, zwei Jahren ist die Reit- und Wanderkarte so erweitert worden, dass die komplette Route abgedeckt ist, allerdings nicht in der Qualität (und dem Informationsgehalt), die man beispielsweise von Deutschland her gewohnt ist. Auf dieser Karte sind auch viele der markierten Wanderwege eingezeichnet, so dass sie zur Orientierung völlig ausreicht.
Ich habe mit der norwegischen „OSM Topo Summer Ukraine“ eine zweite OSM-Karte entdeckt und auf meinem GPS-Gerät mitgenommen, die nicht nur meiner Meinung nach ein schöneres Kartenbild aufweist, sondern auch deutlich mehr Informationen (mehr Wege) bietet, allerdings sind keine Markierungen eingezeichnet.
Die dritte Karte auf der SD-Karte meines GPS-Geräts habe ich selbst erstellt, und zwar auf Grundlage der (freien) Generalstabskarten 1:50.000 und 1:100.000 aus den 1970/80er-Jahren, von denen ich eine (digitale) Sammlung besitze. Diese Karten sind viel besser zur groben Orientierung geeignet als die OSM-Karten, enthalten aber natürlich weit weniger detaillierte Informationen. Ein Vergleich mit aktuellen Papierkarten zeigt, dass sich in den ukrainischen Waldkarpaten in den letzten 50 Jahren nicht viel geändert hat.
Es ist recht kompliziert und langwierig, die Karten für die Darstellung in einem Garmin-GPS umzusetzen, außerdem ist ein Firmware-Patch beim Gerät selbst erforderlich. Hier gibt es eine detaillierte Anleitung „Garmin-Karten selbst gebaut“. Das Kartenmaterial und die Garminkarten sind so umfangreich, dass ich sie nicht auf dem Server ablegen kann, sondern auf Anforderung (E-Mail) auf WEtransfer (natürlich kostenlos) zum Download bereitstelle.